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Edition
Ornament |
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Matthias Biskupek. Lob des Kalauers
und andere Für- und Widerreden
Essays aus zehn Jahren
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"Do-Kiri-Kaeshi
II"
Frontispiz-Collage
von Nehmzow
Siehe auch das Buch
Nehmzow / Im Weltgetriebe
aus der Edition Ornament 2017.
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Matthias
Biskupek.
Lob des Kalauers. Essays.
Hrsg.,
gestaltet und mit einem Nachwort
versehen von Jens-Fietje Dwars
Mit einem Frontispiz von Nehmzow
112 Seiten, Engl. Broschur mit handmont.
Etikett in Prägung und Lesefaden
500 num. Expl.
50
Vorzugsexemplaren liegt je ein signierter
Originalabzug der Radierung "Sehnsuchtsvolle
Erinnerung" von Nehmzow bei.
Nur noch
5 Exemplare der VA
lieferbar!
ISBN 978-3-936455-55-7
Vorzugsausgabe Nr. 1-50: EUR 49,90
Normalausgabe Nr. 51-500: EUR 14,90
Zu bestellen beim Herausgeber |
Die Presse urteilt:
Matthias
Biskupek hat ein neues Buch vorgelegt. Diesmal sind es Essays
aus den zurückliegenden zehn Jahren, für deren ästhetisch
hochwertige Bündelung und Ausstattung in 500 numerierten
Exemplaren der Verlag wohl an gewisse kleine Reserven gegangen
sein muss. Dass sich ein thüringisches Verlags-Eigengewächs
solch selten gewordene Autorenpflege leistet, sagt zweierlei:
Biskupeks meist kurze, allemal leicht zu lesende,
aber durchaus auch schwer im Magen liegende Texte
sind verlegerisch eine sichere Bank. Dass dem wiederum so
ist, dafür werden die Themen ursächlich sein, die
der bissig-wache Weltbeobachter zum Essay
aufwertet.
Mindestens genauso wichtig ist freilich die zumeist pointierende
Art, in welcher der Wort-Artist und Qualitätskontrolleur
unserer Muttersprache die Buchstaben zu gleichermaßen
aufhorchenden wie merkenswerten Wörtern und Sätzen
aneinanderreiht.
Heinz Stade, in: Thüringer Allgemeine
"Deckelschilder"
nannte Kurt Wolff die Titelaufkleber für seine Reihe
"Der Jüngste Tag". Nach dem Vorbild des großen
Verlegers klebt der Jenaer Autor Jens-Fietje Dwars "handmontierte
Etiketten" auf ein paar hundert edle, mit feinem Papier
ausgestattete und schwarz eingebundene Hefte seiner "Edition
Ornament". Ein kleines bibliophiles Ereignis,
denn 50 Exemplaren liegen originale Grafiken bei. Nicht nur
Büchersammler werden diese handlichen Kostbarkeiten,
ausgestattet mit rotem Lesebändchen und passend für
die Jackentasche, als hüten. Jüngst erschien das
dritte "Ornament": "Das Lob des Kalauers"
des keineswegs kalauernden Matthias Biskupek, der in Rudolstadt/Berlin
seinem satirischen Weltgeist freien Lauf lässt. ....
Biskupek bietet keine Schonkost, wenn er auf "Vorurteile
der Gegenwart" stößt, das "Ost-Wesen"
betrachtet und sich mit Ungeliebten in der Provinz solidarisiert.
Tritt der Satiriker als Redner auf, neigt er zur geübten
Kürze - für Zuhörer und Leser ein amüsanter
Genuss. Noch knapper sind die Porträts über Freunde
und Kollegen, ergänzt durch Betrachtungen über das
Lachen und die Kunst des Essays.
Annerose Kirchner, in: Ostthüringer Zeitung
In bibliophobischen Zeiten
blüht - den Idealisten sei Dank - stets trutzig das Nebenzweiglein
der Bibliophilie. Über diesen Zweig kann der dem Meinungsavantgardismus
abholde Leser ab sofort Matthias Biskupeks im quartus-Verlag
erschienene Essaysammlung erwerben. Er wird es nicht bereuen.
Sie heißt "Lob des Kalauers", herausgegeben,
gestaltet und mit einem Nachwort versehen von Jens-Fietje
Dwars... Fadenheftung... Englische Broschur mit weinrotem
Vorsatz, Lesefaden und handmontiertem Etikett in Blindprägung...
Das klingt wie eine Ingredenzienliste aus dem schön-geistigen
Literatur-Bilder-Drogenalmanach "Streifzüge durch
den Thüringer Kräutergarten" (Faber & Faber);
welchen man sich vor, nach oder parallel zur Essaysammlung
zur heilsamen Erbauung lesend infundieren kann.
Im ersten, von ernstem Schwarz ummäntelten Buch, begibt
der Leser sich in Biskupeks Gedankensammlung aus zehn Jahren.
Der Autor legt für die heutige Schreiberzunft rare Eigenschaften
an Tag. Zuförderst: Biskupek eifert nicht, er denkt nach.
Zweitens: er ist ironisch, aber kein permanenter Pointenreißer;
und melancholisch, weil diese Eigenschaft zur Ironie gehört.
Drittens: Hohn, Wichtigtuerei und Zynismus zugunsten der Leserunterhaltung
sind Biskupek fremd. Er "kennt seine Pappenheimer",
d.h. er sieht die Menschen in ihren Ver- und Entwurzelungen
und verurteilt sie nicht, sondern urteilt. Die Fragen
unserer jüngeren Zeit nach Patriotismus, Provinz, Heimat
oder nach dem "Ostwesen", beantwortet Biskupek mit
gebotenem Groll, jedoch auch mit der Vorsicht eines Mannes,
der über das (Geheim)Wissen eines uneitlen Menschen-,
und Sprachkenners verfügt. Die Botschaften seiner "Für-
und Widerreden", gesendet vornehmlich aus der thüring'schen
Kleinstadt Rudolstadt, heben sich, weil von wirklicher Essayistenkunst,
ab von jeglicher Heimatblättelliteratur, die ihre Identität
in Wurst&Kloß-Tümelei findet.
Kerstin Hensel, in: Ossietzky
"Sehnsuchtsvolle
Erinnerung" - Radierung von Nehmzow für die Vorzugsausgabe
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Leseprobe |
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Die halbe Kunst
Versuch und Irrtum zum Essay
Ich habe meinen Herder, der
mit den „Kritischen Wäldern“ Grundlegendes
zum Essay schrieb, natürlich nicht – nicht wirklich,
ist die heute verbindliche Formulierung - gelesen. Ich habe
ihn in eine elektronische Suchmaschine eingegeben und bin
informiert worden: Das Waldsterben hat eine kritische Grenze
erreicht und die Firma Herder setzt Arbeitskräfte frei.
Wir erfahren etwas ganz genau, das wir nicht brauchen können.
Das ist die Eins, digitalisiert ausgedrückt. Die Null
hingegen sagt uns, dass wir nichts wissen. Die Null, die andere
Hälfte jeder digitalisierten Wahrheit, wirft uns auf
alte griechische Lebenserfahrungen zurück: Es ist ein
Scheiß, dass ich nichts weiß.
Wenn die digitale Welt auf den Hund namens Eins gekommen ist,
kann sie nicht mehr halbiert werden. Das analoge Wesen Mensch
aber mogelt sich daran vorbei und singt als Liedermacher Wenzel,
der gleich im ersten Text dieses Bandes auftaucht: „Der
Mensch halb Stier, halb Affe, / Halb tierisch meine Lust.
/ Und alles, was ich schaffe, / Ist halb gewollt, gemußt.“
Wenzel gehört für gesamtdeutsche Musikalienfreundeskreise
und eine Handvoll ostdeutscher Intellektueller zu den lichtvollsten
Geistesgestalten. Dem werden die Lufthoheiten im deutschen
Feuilleton widersprechen: Wenzel wer? Wir kennen keine einst
Halbwiderstand leistende Unrechtsstaatsdichter mehr, wir kennen
nur noch Deutsches Bundesdenken!
Können Lufthoheiten aber meiner nächsten Feststellung
widersprechen? Ich bin mir der allerwichtigste Mensch. Weltweit.
Ein Schriftsteller, Essayist, Romancier, Radfahrer und Lyriker
von allein meinem Rang, der nichtsdestotrotz von sich Besseres
gewohnt ist. Als ich die Hälfte meines Lebens noch längst
nicht erreicht zu haben glaubte - ich war als Nachwuchsdichter
bei meinen eigenen Interessen angestellt -, fertigte ich diese,
zu Zeilen gebrochene Erkenntnis: „Halbzeit-Krisis //
Den Teller eß ich halbleer / Mein Wissen geb ich halb
her / Ich brauche dich so halb sehr / Das Herz wird mir nur
halbschwer / Gedichte schreib ich halbfer- / Tick“.
Es ist jener Tick, der nicht nur das Gedicht, sondern auch
den Essay ausmacht. Oder das Essay? Gelegentlich ist es nämlich
kindisch. Ansonsten wissenschaftlich, jedoch keine Wissenschaft.
Der Essay ist leichtfüßig, aber kein Bruder Leichtfuß.
Er ist das Schwere, das einfach gemacht werden muß.
Jeder versteht ihn, aber keiner will ihn begriffen haben.
Denn die Voraussetzung des Essays ist die Unbefangenheit.
Der letzte Satz stammt von jener Lufthoheit, die als Marcel
Reich-Ranicki über allen kritischen Wäldern dahinsegelt,
während die anderen Sätze beim Surfen aus meiner
privaten, über der Nase montierten Festplatte herauspurzelten.
Weshalb die Feststellung: Ich mach mir ne Platte, in Zeiten
von Nullwissen und Einseraufsätzen zu neuem Glanze kömmt.
Herder war noch ein user der Sprachform kömmt. Sie merken,
geneigter, also etwas schräg veranlagter Leser, wie mein
ringförmiges Denken Kreise zieht? Für die dem Essay
verwandte Form, das Feuilleton, lautet der vollständige
Ausdruck ringförmiger Rückkehr: Auf einer Glatze
(Platte!) Locken drehen. Wozu auch der fröhliche Verzicht
auf Gründlichkeit gehört – was wieder des
Großen Marcel just so formulierte Erkenntnis ist.
Sie können die im übergreifenden Untertitel als
Essays ausgepreisten Texte folglich getrost als Feuilletons
bezeichnen, auch wenn sie eigentlich Eröffnungsreden,
Grabreden, Lobgesänge und Verrisse sind. Sie wollen nie
mehr als die knappe Hälfte sagen, weil das große
Ganze langweilig wäre. Sie sollen keine Kunst sein, aber
sie wollen es inbrünstig. Sie unterliegen ständig
jenen Irrtümern, die das Flanieren in kritischen Wäldern
zumindest zu einem kleinen Abenteuer machen: Finde ich wieder
heraus aus diesem Gedankenweg, oder ist er eine Sackgasse?
„Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken
beim Reden“, ist ein Aufsatz von Kleist überschrieben.
Was aber tut der noch nicht zu Ende gedachte Gedanke in der
Sackgasse? Er bleibt einfach stehen und sagt nicht: Kanjez
Filma – nu pagadie!*, sondern: Das war ein Essay!
* Westdeutsche Patrioten
finden Erklärung im Internet
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