"Flaneur"
Vorzugsgrafik
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Thomas
Böhme
Klavierstimmer auf der Titanic.
Gedichte mit Forex-Schnitten
von Felix M. Furtwängler
Hrsg.,
gestaltet und mit einem Nachwort
versehen von Jens-Fietje Dwars
104 Seiten, Engl. Broschur
mit handmont. Etikett
in Prägung,
Hellrotes Vor- und Nachsatzpapier,
bourdeauxfarbener Lesefaden,
500 num. Expl.
50
Vorzugsexemplaren liegt je ein signierter
Forex-Schnitt "Flaneur"
von Felix M. Furtwängler bei,
den Bettina Haller in zwei Farben
auf Hahnemühlen-Bütten
gedruckt hat.
ISBN 978-3-943768-90-9
Vorzugsausgabe Nr. 1-50: EUR 59,90 EUR
Normalausgabe Nr. 51-500: EUR 15,90 EUR
Zu bestellen
beim Herausgeber.
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Die Forex-Schnitte
von Felix M. Furtwängler für den Band
Mit
dem Klavierstimmer auf der Titanic schenkt uns Thomas Böhme
ein Sinnbild der Kunst: „Erst halten sie einen für
überflüssig an Bord / dann dringt Feuchtigkeit ein
/ plötzlich wird man gebraucht.“
Gebraucht werden, um das Klavier für ein letztes Lied
zu stimmen, für den Abgesang, das ist Poesie: das wahrhaft
Schöne – überflüssig und zwecklos, einfach
nur schön um seiner selbst willen. Wie der Anblick des
davonfliegenden Graureihers, dessen Flügel im Abendlicht
„für Sekunden ... vergoldet“ leuchten, oder
der Gedanke, daß Gott „in einem Gepäckstück“
stecke, „das keinem gehört“. Die Welt ist
aus den Fugen, sie ist absurd, aber eben deshab auch voll
wundersamer Dinge und Fügungen, die Thomas Böhme
in Worten und Felix M. Furtwängler in Bildern kombiniert
und komponiert.
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Aus dem Nachwort
PLÖTZLICH
WIRD MAN GEBRAUCHT
Bist du sicher,
wir folgen dem richtigen Weg?
Ja, der Weg kann uns nicht verfehlen ...
Gedichte findet man nicht wie Pilze im Wald. Man kann sie
nicht suchen, sie suchen uns – heim, und den zuerst,
der sie schreiben soll, der in Worte zu fassen vermag, was
zu sagen ist. Manche glauben, das Wort könne gar die
Welt erlösen, wie im Märchen: das rechte Wort zur
rechten Zeit löst den bösen Zauber. Thomas Böhme
teilt diese Hoffnung nicht: „Das Gedicht ist kein Himmelstrichter“,
hieß es in seinem vorhergehenden Band Abdruck im Niemandswo
von 2016. „Es ist weniger nützlich als ein Flaschenöffner
/ und weniger einprägsam als ein Vollrausch.“
Mit dem Klavierstimmer auf der Titanic schenkt er uns nun
eine andere Umschreibung für sein Tun: „Erst halten
sie einen für überflüssig an Bord / dann dringt
Feuchtigkeit ein / plötzlich wird man gebraucht.“
Gebraucht werden, um das Klavier für ein letztes Lied
zu stimmen, für den Abgesang, das ist Poesie: das wahrhaft
Schöne – überflüssig und zwecklos, einfach
nur schön um seiner selbst willen. Wie der Anblick des
davonfliegenden Graureihers, dessen Flügel im Abendlicht
„für Sekunden ... vergoldet“ leuchten, oder
der Gedanke, daß Gott „in einem Gepäckstück“
stecke, „das keinem gehört“.
Ja, die Welt ist aus den Fugen, sie ist absurd, aber eben
deshab auch voll wundersamer Dinge und Fügungen. Da erscheint
plötzlich die „Funktionsweise eines Reißverschlusses“
als ebenso großes Mysterium wie „der Musikgeschmack
einer anderen Generation“ und wird der Wind zum Bogen,
der über Blätter wie Saiten streicht. Um dergleichen
im Alltag wahrzunehmen, bedarf es einer bestimmten Seh- und
Daseinsweise: der des Flaneurs, dem Thomas Böhme neun
Lebensregeln abgelauscht hat. Flanieren heißt nicht
Spazierengehen um gut zu verdauen, wie Schönheit nicht
das Wohlgefühl des vollen Magens meint. Nein: „es
schärft alle Sinne“. Der Flaneur läßt
sich gehen, um sich in der Welt wiederzufinden, er zerstreut
sich, um sich neu zu sammeln, im Abseitigen das Wesentliche
zu entdecken, auf Umwegen sein geheimes, ihm selbst unbekanntes
Ziel zu finden.
Und was hat ihn zu dieser Sicht gebracht? 1955 in Leipzig
geboren, begann Thomas Böhme 1976 ein Lehrerstudium in
Greifswald. Nach nur einem Jahr exmatrikuliert, wurde er Bibliotheksfacharbeiter
in der Musikbibliothek Leipzig, dann Werberedakteur in einem
Verlag. Parallel schrieb er längst selbst Gedichte, nahm
ein Fernstudium am Leipziger Literaturinstitut auf und debütierte
1983 im Aufbau-Verlag mit dem damals schon, im Sinne Nietzsches,
unzeitgemäßen Band Mit der Sanduhr am Gürtel.
Seit 1985 freischaffend, hat Böhme über zwanzig
Bücher mit Gedichten, Erzählungen und Romanen verfaßt,
ist Nachdichter, Herausgaber, Kritiker und Fotograf. Für
seine Arbeiten erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, zuletzt
2014 das Calwer Hermann-Hesse-Stipendium.
Mit dem Maler und Grafiker Felix Martin Furtwängler verband
ihn bislang nur ihre gemeinsame Mitarbeit an der Zeitschrift
Herzattacke, jener großartigen Reihe von Bänden
mit Poesie und originalgrafischen Blättern, die Maximilian
Barck 1989 gegründet hat. Einbände mit Holzschnitten
von Furtwängler gehören zu den besten dieser Zeitschrift
in Buchformat: oft mehrfarbig expressiv, geradezu oppulent,
und zugleich streng, fast formelhaft auf wenige Zeichen reduziert.
1954 kam FMF, wie er seine Grafiken monogrammiert, in Karlsruhe
zur Welt. Mit Werbegrafik in Hamburg 1972 begonnen, wechselte
er früh nach Berlin an die Hochschule der Künste,
wo er Werkkunst und Mode, später Produktdesign und schließlich
bis 1982 freie Malerei und Graphik studierte. Jemand, der
sich Zeit nimmt für seine Ausbildung, der nicht durch
ein paar Kurse hastet, sondern wie ein Flaneur die Vielfalt
des Möglichen sichtet und mannigfache Anregungen zum
eigenen Werk verdichtet.
Wobei seine Liebe zu Drucktechniken, zu Holzschnitten und
Radierungen, von Anbeginn dominiert. Schon 1975 entstanden
erste Handpressendrucke, Künstlerbücher und Buchobjekte
folgten seitdem. Nie illustriert Furtwängler im Sinne
einer Abbildung des Text-Geschehens. Bild und Text sind vielmehr
zwei eigenständige Sprachen, die in einem spannungsreichen
Dialog etwas Drittes erschaffen: das Buch als Kunstwerk.
Für die Gedichte von Thomas Böhme hat Felix M. Furtwängler
drei Bildkompositionen geschaffen, die den Betrachter einladen,
in ihnen zu wandern. Je mehr Zeit Sie sich dafür nehmen,
desto gewisser erschließt sich eine ganze Welt. Wie
im Gespräch mit der Schildkröte: „Ja, der
Weg kann uns gar nicht verfehlen / solange wir nicht an uns
irre werden.“
Pressestimmen
Politik
spielte in den Gedichten Thomas Böhmes bisher keine Rolle.
Doch die globalen Entwicklungen der letzten Jahre haben auch
diesen eher in sich gekehrten Autor offenkundig verstört.
Deshalb findet sich in seinem jüngsten Lyrikband ein
Zyklus von Versen mit dem Titel „Am Rande des Verfalls“
...
Thomas Böhmes neue Gedichte betören durch außerordentlich
starke Metaphern und einen fließenden Rhythmus, der
an das Werk Thomas Klings erinnert. Man lauscht dem inneren
Rauschen seiner Strophen mit ständig wachsender Lust.
Ulf Heise, Mitteldeutscher Rundfunk (MDR)
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