"Die stlle Stadt"
(Radierung)
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Edition
Ornament im quartus-Verlag,
Bucha bei Jena 2015
48 Seiten, schwarzer Pappeinband
mit Umschlag aus Marmorpapier,
schlanke 12/21 cm,
handgeleimtes Etikett in Blindprägung,
weinrote oder meerblaue Vor- und Nachsatzpapiere,
handgenähte Fadenheftung.
Einmalige Auflage in 333 num. Exemplaren.
Nr. 1-33: Vorzugsausgabe
mit der signierten Kaltnadelradierung
"Die stille Stadt. Für Paul Scheerbart"
von Horst Hussel.
Mit meerblauen Vorsatzpapieren und Umschlag aus Blau-Grau-Grün-Goldenem
Mamrmorpapier.
Preis: 69,90 EUR
Die VA ist ausverkauft!
Nr. 34-333: Normalausgabe
á 14,90 EUR
Mit kirschroten Vorsatzpapieren und Umschlägen
aus rot-schwarzem Marmorpapier.
ISBN 978-3-943768-58-9
Zu bestellen beim Herausgeber.
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Links: Vorzugsausgabe mit Marmorpapier in Blau, Gold,
Grün, Grau und Silber.
Rechts: Normalausgabe mit Marmorpapier in Schwarz und
Rot.
Jeder Umschlag ist ein handgefertigtes Unikat.
Zeichnungen
von Horst Hussel zu den fünf Novelletten
Horst Hussel (1934-2017), war der letzte Dadaist. Legendär
sind seine Buchgestaltungen im Verlag Volk und Welt:
Die „Weiße Reihe“ mit Vignetten Hussels
und die „exlibris“-Bände mit Klassikern
der modernen Weltliteratur. 1994 hat er die Dronte-Presse
gegründet.
Zu seinen Lieblingsautoren gehörte von Anbeginn
Paul Scheerbart, von dem er mehrere Bände illustriert
hat: "Münchhausens Wiederkehr. Phantastische
Geschichten" (1966), "Katerpoesie und Die
Mopsiade" (1978) sowie "Der Aufgang zur Sonne.
Hausmärchen" (1984). Selbst herausgegeben
und mit Anmerkungen versehen hat Hussel Prosa und Lyrik
Scheerbarts aus Zeitschriften: "Meine Tinte ist
meine Tinte" (1986) und "Unverantwortliche
Gedichte" (1987).
In seiner
Dronte Presse plante der Grafiker seit Jahren die Edition
von fünf Novelletten, die Scheerbart für Tageszeitungen
geschrieben hat: "Die stille Stadt. Eine Thüringer
Gespenster-Geschichte" (Hannoverscher Courier,
1907), "Geschwindigkeit ist keine Hexerei"
(Echo der Gegenwart, Aachen, 1910), "Moderne Amazonen"
(1909), "Uranienborg" (1911) und
"Die Mausefalle" (1912, alle drei: Hamburger
Fremdenblatt).
Zum 100. Todestag von Scheerbart erschienen diese fünf
kleinen Texte erstmals vereint in einer einmaligen Auflage
von 333 numerierten Exemplaren der Edition Ornament
–
Außer der Reihe mit sechs Zeichnungen von Horst
Hussel.
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Leseprobe
Die Mausefalle
Eine japanische und mysteriöse Geschichte (Auszug)
Es war im Januar des Jahres 1903. In Tokio wars. Viele Europäer
wird es nicht mehr geben, die sich an diese höchst seltsame
Geschichte erinnern: durch die größten politischen
Ereignisse kam sie bald in Vergessenheit. Aber – es
sei nichts hinzugesetzt und nichts fortgelassen. Die Geschichte
begann durch ein merkwürdiges Zirkular, das in die Hände
sämtlicher Europäer in Tokio gelangte. Das Zirkular
erschien in französischer, engliscvher, italienischer,
deutscher und russischer Sprache. Kleine Japaner wanderten
damit von Haus zu Haus. Der deutsche Text zeigte, dass der
Übersetzer nicht allzu gewandt im Ausdrucke war. Der
Text lautete:
„Hochwohlgeborener Herr! Uns ist kund und zu wissen,
dass Sie in Folge der trostlosen Zustände in Ihrem fernen
Vaterlande an jedem Tage öfters selber in sehr trostlosem
Zustande sind und das Köpfchen hängen lassen wie
der kleine Vogel, der da weiß, dass ihm das Köpfchen
sehr bald abgedreht sein wird. Sie sind dann so traurig wie
eine Trauerweide. Alles hängt an Ihnen herunter und kann
sich nicht emporheben. Solche Trauerzustände sind sehr
beklagenswert und der Gersundheit nicht zuträglich. Darum
tut Ihnen, Hochwohlgeborener herr, eine Kur not. Sie müssen
unbedingt für drei bis sechs Monate in ein einsames,
von der rauschenden Welt entferntes Kurhaus. Ein Bergwerk,
das nicht mehr benutzt wird von unseren Bergleuten, haben
wir deshlab komfortabel ausgestattet. Wenn Sie, Hochwohlgeborener
herr, ganz zurückgezogen von dem Strudel des Lebens in
diesem Bergwerk einige Zeit leben, so wird Ihnen besser werden.
Und dann werden Sie wieder helläugig wie ein Rehkalb
in die Welt hineinschauen und alles Trostlose im Diesseits
und Jenseits nicht mehr so schwer nehmen. Alle Häuser
in diesem Bergwerk sind, da ja dort kein Winmd weht, ganz
leicht aus Bambus gebaut. Die Wände bestehen aus farbigem
Papier. Und die elektrischen Lampen an den Wänden stecken
in farbigen Papierkasten. Unsäglich viele Lampen sind
da; wir haben zwanzig in der Nähe befindliche Wasserfälle
zur Herstellung der Elektrizität benutzt. Wohlgerüche
erfüllen dass ganze Bergwerk in dem stets die Temperatur
gleichmäßig ist und nichts an das Getriebe des
Lebens außerhalb gemahnt. Unterschied zwischen Tag und
Nacht nie zu bemerken. Vom Balkon aus herrlicher Blick in
die Papierhauskolonie und in die schauerliche Tiefe. Alle
Wände sind transparent. Wie Lampions wirken die Häuser.
In der Tiefe sind zwei Orgeln. Orgelspieler und Glockenspieler
kommen aus Europa an. Die Preise sind sehr mäßig,
wenn man die schwere Einrichtungsarbeit und die vorzüglichen
Parfüms bedenkt. Näheres in unserem Bureau! Mit
vollständiger Hochachtung empfiehlt sich
Die japanische Bergwerksgesellschaft.“
So lautete in deutscher Sprache das krausgehaltene Zirkular
dieser neuen Kolonie. Die meisten Europäer lachten und
hielten die Geschichte für einen kleinen Spaß.
Aber das Bureau bestand. Die Preise waren verblüffend
hoch, doch keineswegs unerschwinglich für sie meisten
Europäer.
Die europäische Kolonie kam nun am nächsten Sonnabend
zusammen, um über die trotz des vielen elektrischen Lichtes
dunkle Angelegenheit zu beratschlagen.
Die Franzosen waren begeistert, die Engländer rauchten
kaltblütig ihre Shag-Pfeife, die Russen sagten gar nichts,
aber die Deutschen teilten sich bald in zwei Lager ...
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